Mit dem Motorrad durch den Himalaya

Es gibt Orte auf der Welt, die man am besten mit dem Motorrad erkundet. Aber was ist mit der gefährlichsten Straße der Welt?

Im Sommer 2009 habe ich Ladakh, die nördlichste Provinz Indiens, zum ersten Mal besucht. Wegen ihrer hoch aufragenden Berge und ihrer unberührten buddhistischen Kultur wird sie von vielen als „Klein-Tibet“ bezeichnet.

Janó

Gründer

Erster Schritt: Ein zuverlässiges Fahrzeug

Auf den kurvenreichen Straßen zwischen den Gipfeln in 5.000 und 7.000 Metern Höhe fielen mir zwei Arten von Fahrzeugen auf: die farbenfroh geschmückten Tata-Trucks und die klassischen, gediegenen Royal Enfield-Motorräder. Schnell wurde ich fündig – es war eine alte 500ccm Royal Enfield Bullet mit Rückwärtsgang-Schaltung (Schalthebel auf dem rechten Fuß, Bremse auf dem linken, erster Gang oben und die anderen unten). Es wurde schnell klar, warum dieses Motorrad hier so beliebt ist – es gibt kein besseres Fahrzeug für diese Region, vorausgesetzt, es funktioniert. Jedoch wird die Unzuverlässigkeit dieses Motorrads dadurch wettgemacht, dass jeder, der etwas Werkzeug mit sich hat, es schnell reparieren kann, und Ersatzteile sind in ganz Indien erhältlich. Ich weiß nicht, wie man Motorräder repariert, aber ich bitte gerne um Hilfe, was oft zu unerwarteten Abenteuern führt.

Eine größere Panne endete beispielsweise damit, dass ein sehr nettes einheimisches Paar die Schals der Mädchen als provisorisches Abschleppseil benutzte und versuchte, uns mit ihrem Roller zu ziehen. Nach mehreren Schalrissen erreichten wir ihr Dorf, wo sie darauf bestanden, dass wir zum Abendessen und sogar über Nacht blieben. Am Morgen war das Motorrad wieder einsatzbereit, sie wünschten uns eine gute Reise und lehnten jegliche Form von Entschädigung ab.

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Die gefährlichste Straße der Welt

Die berühmteste Straße der Region ist der Manali-Leh Highway, der von Himachal Pradesh nach Ladakh führt und normalerweise von Mitte Juni bis Mitte September befahrbar ist. Laut vielen Online-Quellen gilt er als die gefährlichste Straße der Welt, und alle sind sich einig, dass er sowohl schön als auch herausfordernd ist. 2009 hatten wir jede Menge Zeit, also wurde es Teil des Abenteuers, mit vielen Pausen, um jahrhundertealte Dörfer rund um versteckte buddhistische Klöster ohne Zeitdruck zu erkunden.

Ich hatte sofort das Gefühl, dass dies eine Ecke der Welt war, die ich anderen auf einer mehr organisierten Weise zeigen musste.

2016 gelang es uns, die erste offizielle GoBeyond-Tour mit einem lokalen Team zu organisieren, mit dem wir noch immer monatlich in Kontakt stehen und mit dem wir gute Freunde geworden sind. Nach der Landung in Delhi machten wir eine kurze Stadtrundfahrt und genossen ein fantastisches authentisches indisches Essen. Nach einer Nachtbusfahrt ging es am Morgen darauf durch die Berge. Manali, eine kleine Bergstadt, war der Ausgangspunkt unserer Tour, wo wir in einem 50 Grad warmen Thermalbecken im Garten eines tausend Jahre alten Tempels entspannten, umgeben von hoch aufragenden Kiefernwäldern und Wasserfällen. Am nächsten Tag reihte sich die wunderschöne Flotte von 500-ccm-Royal-Enfield-Bullets im Hotelgarten auf, und wir zogen Lose, um die Motorräder zuzuteilen.

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Drei Tage, vier Pässe

Nach einem Tag der Akklimatisierung brachen wir zur ersten dreitägigen Etappe der Tour auf, die den weltberühmten Manali-Leh Highway entlang führte. Im Laufe der drei Tage überquerten wir vier Bergpässe, einer höher als der andere, während die Vegetation allmählich dünner wurde. Bis zum ersten 4.000-Meter-Pass war die Landschaft üppig und grün, aber darüber hinaus wurden die Bäume spärlicher und das Gelände war mit Gras, Sträuchern und Terrassenfeldbau übersät.

Nach dem zweiten 5.000-Meter-Pass betraten wir ein Reich aus Felsen und Gletscherseen. Die Felsen schimmerten in Lila-, Rot-, Braun- und Grautönen, während die Seen zwischen den Bergen hellblau und grün leuchteten. Drei Tage voller atemberaubender Wendungen auf dem Dach der Welt machten die Ankunft am Ufer des Indus in Ladakhs Hauptstadt Leh zu einer willkommenen Rückkehr in die Zivilisation.

Leh ist eine faszinierende Kleinstadt, ein Zentrum für Bergsteiger aus aller Welt, mit pulsierendem buddhistischem Leben. Bei unserem ersten Besuch besuchte der Dalai Lama zur gleichen Zeit auch die Klöster der Region, aber leider verpassten wir, uns zu begegnen. Eine Woche lang unternahmen wir von Leh aus Tagesausflüge zu einigen der entlegensten und atemberaubendsten Teile der Gegend. Einer dieser Ausflüge führte uns zum Pangong-See, einem Salzwassersee auf 4.350 Metern Höhe, der zu 70 % in China und zu 30 % in Indien liegt. Im Winter sinken die Temperaturen auf -40 bis -50 Grad Celsius, wodurch der See bis zum Grund gefriert und kein Leben mehr zu sehen ist. Ein weiteres Ziel war das Nubra-Tal, ein Wüstenflusstal nahe der pakistanischen Grenze, wo auf über 3.000 Metern Höhe zweihöckrige Kamele leben.

Die Straße zurück nach Leh führte uns über den höchsten befahrbaren Pass der Welt, der laut örtlichen Schildern über 5.602 Meter hoch ist. Es wird empfohlen, nicht länger als 20 Minuten auf dem Gipfel zu verbringen und sich so wenig wie möglich zu bewegen. Einige von uns kletterten noch ein Stück höher, um die Flagge unseres Teams zu hissen – wir ließen uns dafür allerdings Zeit.

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Zum fünften Mal in diesem Jahr

Auf dem Rückweg überquerten wir den letzten Pass auf über 5.000 Metern, von wo aus wir den 8.125 Meter hohen Gipfel des Nanga Parbat an der Grenze zwischen Kaschmir und Pakistan sehen konnten.

Dieses Jahr kehren wir zum fünften Mal in diese atemberaubende Region zurück. Wir haben über hundert Motorradreisenden diese einzigartige Landschaft gezeigt und sie mit wunderbaren und überaus freundlichen Einheimischen bekannt gemacht. Lokale Führer, unsere Reiseleiter, Begleitfahrzeuge und mit Ersatzteilen ausgestattete Mechaniker sorgen dafür, dass die Reise sicher, vorhersehbar und komfortabel ist. Das Fahren über die höchsten Pässe der Welt stellt selbst die furchtlosesten Reisenden auf die Probe, aber diese Art von Erfahrungen schafft lebenslange Erinnerungen. Es ist keine Überraschung, dass dies im Laufe der Jahre zu einem unserer beliebtesten Reiseziele geworden ist. Nach einem Jahr Pause freuen wir uns, bekannte Gesichter mit einem herzlichen „Juley!“ (tibetischer Gruß – Anm. d. Red.) wieder begrüßen zu dürfen.